Unterscheidungskriterien für Sachbuch, Fachbuch, Ratgeber
Alleine zur Frankfurter Buchmesse erscheinen alljährlich 80 bis 90 Tausend neue Bücher (Neuauflagen von bestehenden Büchern, also Backlist-Titel, nicht mitgerechnet). Damit dürfte der Buchmarkt - neben dem Fashion-Markt – zu den Wirtschaftszweigen mit der höchsten jährlichen Ausschüttung neuer Produkte gehören. Um dieser Produktionsmenge Herr zu werden, wurde von den Barsortimentern, den Grossisten des Buchmarktes, eine Warengruppen-Systematik entwickelt, die sich vorrangig an logistischen und Marketingbedürfnissen orientiert. Die Vergabe und damit die Zuordnung eines Buches zu einer Warengruppe obliegt dem Verlag. Entscheidend ist, dass jedes Buch nur einer einzigen Warengruppe zugeordnet werden darf. Je klarer vom Autor ein Buch positioniert ist, desto einfacher ist für den Verlag die Zuordnung und je korrekter wird das Buch im Buchhandel einsortiert.
Die Warengruppen-Systematik unterscheidet hinsichtlich der drei Warengruppen Sachbuch, Ratgeber und Fachbuch wie folgt:
Sachbuch, Warengruppe 9 = wissensorientiert mit primär privatem Nutzwert (Bsp.: Geld, Börse, Geschichte, Unternehmen, Biographien)
Ratgeber, Warengruppe 4 = handlungs- oder nutzenorientiert für den privaten Bereich (Bsp.: Lebenshilfe, Bewerbung, Garten, Kochen)
Fachbuch, Warengruppe 5 bis 7 = handlungs- bzw. wissensorientiert mit primär beruflichem oder akademischem Nutzwert (Bsp.: Wirtschaft, Management, Marketing)
Die Thema-Klassifikation ist ein weltweit einheitliches Klassifikationssystem von Buchinhalten und grundlegend anders aufgebaut als das herkömmliche Warengruppen-Schema des deutschen Buchhandels. Derzeit werden beide Systematiken von den Verlagen eingesetzt. Die Thema-Klassifikation unterscheidet an erster Stelle das Thema, dann die Herangehensweise.
Abschnitt K steht für Wirtschaft, Finanzen, Management.
Abschnitt V für persönliche Entwicklung und Gesundheit.
Abschnitt W für Lifestyle und Freizeit.
Sieht man einmal von der buchhändlerischen Warengruppen-Klassifikation ab und zäumt die Frage Sachbuch, Fachbuch oder Ratgeber aus Marketingsicht auf, gibt es weitere Merkmale, die die drei Buchkategorien unterscheiden:
Sachbücher wenden sich mit einem häufig aktuellen Wissensthema an eine populäre Zielgruppe. Dementsprechend hoch sind die Auflagen (8.000-100.000) von Sachbüchern, was wiederum relativ günstige Ladenpreise ermöglicht. Aktuelles Beispiel: Elon-Musk-Biographie von Ashlee Vance, 388 Seiten, Hardcover, 19,99 €. Sachbücher informieren nicht nur, sondern haben Unterhaltungswert und stellen damit relativ hohe Ansprüche an die nicht selten bereits prominenten Autoren. Aufgrund ihrer Popularität werden Sachbücher neben der Belletristik in den Bestseller-Listen geführt.
Ratgeber richten sich an eine spezielle Zielgruppe, die zu einem konkreten Thema Rat sucht. Der Autor ist Experte für das Thema und bietet einen hohen Lesernutzen. Seine Bekanntheit kann hinter dem Nutzwert des Buches zurückstehen (Bekanntheit ist nicht von Nachteil). Ratgeber sind häufig niedrigpreisig, haben mittlere Auflagen (3.000-10.000) und eine relativ lange Laufzeit. Aktuelles Beispiel: "Die 5 Sprachen der Liebe" von Gary Chapman, 155 Seiten, Taschenbuch, 12,95 €. In den Bestseller-Rankings sind Ratgeber in der Regel nicht zu finden, da sie den klar definierten Bestseller-Kriterien nicht entsprechen.
Fachbücher sprechen Fachleute in einem speziellen Bereich an, die Zielgruppe ist also klar definiert und damit vergleichsweise klein. Dementsprechend haben Fachbücher verhältnismäßig geringe Auflagen (1.500-3.000 Ex.), relativ hohe Preise und eine lange Laufzeit. Aktuelles Beispiel "Accessment-Center erfolgreich bestehen" von Johannes Stärk, 344 Seiten, Hardcover, 29,90 €. Auch Fachbücher finden sich nicht in den klassischen Bestsellerlisten von Spiegel und Focus, wohl aber in der monatlich einmal erscheinenden Bestseller-Liste des Manager Magazins, die wiederum nur Hardcover-Titel berücksichtigt.
Insgesamt ist die Entscheidung für eine der drei Buchkategorien also ein vielschichtiges Thema, über das man sich als Autor im Vorfeld, also vor der Positionierung des Buches durch den Verlag, ruhig den ein oder anderen Gedanken machen darf. Wichtig ist, dass das Ziel, das der Autor mit dem Buch verfolgt, mit der Warengruppe korreliert.
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