Lektorat oder Korrektorat - Was braucht mein Text?
Die Verwechslung oder Vermischung von Lektorat und Korrektorat passiert recht häufig. Zum einen klingen die Begriffe ähnlich und zum anderen gibt es tatsächlich inhaltliche Überschneidungen. Denn beim Lektorieren eines Textes wird dieser auch korrigiert. Ein Korrektor oder eine Korrektorin jedoch wird einen Text in der Regel nicht lektorieren.
Am besten versteht man den Unterschied, wenn man sich die zeitliche Abfolge anschaut, die ein Manuskript im Produktionsprozess bis zum fertigen Buch durchläuft. Hierbei ist der Lektor oder die Lektorin die erste Instanz, die das Manuskript bearbeitet. Sie oder er checkt das Manuskript auf Vollständigkeit und bearbeitet es hinsichtlich Stil, Grammatik, inhaltlichen Aussagen, Argumentation, Verständlichkeit, Textaufbau und auch Rechtschreibung. Idealerweise erfolgt diese Bearbeitung im engen Austausch mit der Autorin oder dem Autor und nicht selten werden in dieser Phase auch einzelne inhaltliche Dinge noch einmal zwischen Autor und Lektor diskutiert. Die Aufgabe des Lektorates ist es, das Manuskript sprachlich und strukturell so zu optimieren, dass es die finale Buchform erhält. Hierzu können auch gestalterische Eingriffe und Ideen gehören, die im nächsten Arbeitsschritt von den Buchsetzern/Buchgestaltern umgesetzt werden.
Der zweite Produktionsschritt ist demnach der Satz. Er gibt dem Manuskript die Form und gestaltet aus einer mehr oder minder amorphen Textmasse schöne Buchseiten. Es liegt auf der Hand, dass nach der Gestaltung der Seiten möglichst keine größeren Eingriffe in den Text mehr erfolgen sollten. Jedenfalls ist kein Setzer glücklich, wenn Textänderungen seine schöne Gestaltung zunichte machen und er noch einmal von vorne beginnen muss.
Erst wenn der Text gesetzt ist, die Zeilen ausgewogen und harmonisch auf der Seite stehen, die Buchstaben weder zu breit noch zu eng laufen, die Abbildungen nebst Bildunterschriften integriert sind, der Text keine größeren Lücken hat, erfolgt die Korrektur. Eine Korrektorin oder ein Korrektor hat damit ein ganz anderes Produkt vor Augen als ein Lektor, nämlich gestaltete Buchseiten. Er legt somit sein Augenmerk auf die Feinheiten: auf Rechtschreib- oder Zeichensetzungsfehler, auf Grammatik, einheitliche Schreibweisen und auf typografische Fehler. Korrektoren sind Perfektionisten und brauchen nicht nur ausgezeichnetes Duden-Know-how, sondern auch einen minutiösen Blick für Details. Dennoch: Selbst gute Korrektorinnen und Korrektoren schaffen es nicht, ein Buch mit mehreren Hundert Seiten zu hundert Prozent fehlerfrei zu bekommen. Das Maximum, so konzedieren gute Korrektoren, sind 95 Prozent Fehlerfreiheit. Nobody is perfect, auch Bücher nicht.
Aus den unterschiedlichen Aufgaben von Lektoren und Korrektoren ergibt sich auch ein unterschiedlicher Zeitinvest. Ein Lektorat ist sehr viel zeitaufwendiger und damit auch kostenintensiver als ein Korrektorat. Andererseits kann ein versierter Schreiber, zum Beispiel Journalisten, vielleicht auf ein Lektorat seines Textes verzichten. Ein Korrekturlauf dagegen empfiehlt sich immer, denn als Schreiber ist man für eigene kleine Flüchtigkeitsfähler häufig blind.
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